Marken Scheitern
Mikroentscheidungen, Makrofolgen – wie Marken sich unbemerkt selbst schwächen
Ein UX-Projekt für eine Bildungsinstitution. Das Ziel: klarere Struktur, mehr Zugänglichkeit, bessere Conversion. Der Vorschlag: Struktur reduzieren, Barrieren abbauen, Nutzerfluss verbessern. Die Reaktion: "Das sieht doch sonst niemand." "Wir möchten nichts verändern, was intern funktioniert." "Die Farbe gefällt uns einfach besser so." “Jetzt sind die neuen Funktionen wichtiger.” …
Es war kein Widerstand aus Böswilligkeit. Sondern aus Gewohnheit. Aus Unsicherheit. Und aus einem Missverständnis darüber, was Marke bedeutet.
Marken verfallen nicht in großen Dramen. Sie verfallen in kleinen Entscheidungen. Jeden Tag ein bisschen.
Wie Mikroentscheidungen Markenstruktur zerstören
→ Wenn persönlicher Geschmack über konsistente Gestaltung siegt, verliert die Marke Wiedererkennbarkeit.
→ Wenn Zielgruppen vage bleiben (z.B.: „zwischen 18 und 80, vielseitig, usw.“), wird jede Botschaft schwächer.
→ Wenn Markenwerte unklar sind, entscheidet jeder Mitarbeitende intuitiv – mit widersprüchlichem Effekt.
→ Wenn UX-Feedback ignoriert wird, entsteht Frust auf User-Seite. Und schleichend: Conversion-Verlust.
→ Wenn Designentscheidungen im Konsens getroffen werden, fehlt der klare Rahmen für Wiederholung und Differenzierung.
Was harmlos klingt, hat messbare Konsequenzen:
→ Höhere Absprungraten.
→ Geringere Kundenbindung.
→ Steigender Kommunikationsaufwand.
→ Kund:innen verstehen das Angebot nicht mehr.
→ Recruiting wird schwer, weil kein klares Bild der Unternehmenskultur entsteht.
→ Werbekampagnen verpuffen, weil der Markenkern nicht trägt.
→ Interner Energieverlust.
Mikroentscheidungen sind scheinbar banale Handlungen im Alltag eines Unternehmens – z. B. die Wahl eines Bildes, die Tonalität in einer Stellenanzeige oder die Art, wie interne Memos formuliert sind. Doch sie wirken wie Tropfen, die das große Markenbild formen – oder eben verwischen.
Psychologisches Muster: Vertrautheit vor Klarheit
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Wir bevorzugen das Bekannte, nicht das Richtige. Und im Alltag passiert das unbewusst: Logos werden "minimal angepasst". Webseiten "dezent erweitert". Texte "etwas freundlicher" formuliert. Aber was dadurch verloren geht, ist mehr als nur Stil. Es ist der Sinnzusammenhang.
Teams, die zu nah an ihrer Marke sind, übersehen oft die Perspektive derer, die zum ersten Mal auf die Marke treffen. Das nennt man kognitive Verzerrung durch Vertrautheit. Und sie ist ein schleichender Markenkiller.
Was jetzt zu tun ist – konkrete Ansätze
Markenverantwortung ist keine One-Man-Show. Sie beginnt im Kleinen – und braucht Klarheit im System.
Hier einige konkrete Strategien:
Marken-Konsistenz-Check (vierteljährlich)
Analysiere mit deinem Team:
→ Ist unsere Markenbotschaft auf allen Kanälen konsistent?
→ Gibt es Abweichungen in Ton, Look, Nutzererlebnis?
→ Widersprechen sich interne und externe Kommunikation?
→ Woran würden wir erkennen, dass wir gerade nicht markenkonform handeln?
Designsystem und Entscheidungsmatrix aufbauen
Statt Diskussion über Farben und Formen: klare Designsysteme mit strategischer Logik. Plus: Entscheidungsmatrix für "Was darf wie geändert werden?" mit Bezug zu Markenwerten und UX-Zielen.
Zielgruppen-Realität statt Wunschbild
Erhebt reale Daten über eure Zielgruppe (Verhalten, Sprache, Bedürfnisse) – statt nur Personas zu basteln. Nutzt Heatmaps, Nutzerfeedback, Interviews.
Wording-Guidelines & Tonalität bewusst definieren
Texte sind keine Geschmacksfrage. Sie sind Identitätsträger. Ohne Klarheit in Sprache verwässert jede Botschaft.
Mini-Audits im Alltag etablieren
Vor jedem neuen Touchpoint: Stimmen alle Elemente mit dem Markenkern überein? Sichtweise der Zielgruppe einnehmen. Checkliste statt Bauchgefühl.
Fazit: Markenpflege ist kein Bauchgefühl
Eine starke Marke entsteht nicht durch Perfektion. Sondern durch Haltung, Wiederholung und Klarheit. Aber sie scheitert an der Illusion, dass alles verhandelbar sei. Die meisten Marken verlieren nicht durch einen Fehler ihr Profil – sondern durch 1.000 kleine Unklarheiten.
Wenn wir Marken führen wollen, die wachsen und bleiben, brauchen wir mehr als einen starken Launch. Wir brauchen Bewusstsein. Verantwortung. Und Strukturen, die helfen, beides im Alltag zu leben – einen klaren Kompass, der auch kleine Entscheidungen trägt.
Denn: Die meisten Marken fallen nicht durch. Sie verlieren sich.
Wenn du spürst, dass eure Marke nur in Teilen funktioniert und nicht mehr führt:
Dann lohnt sich der Blick hinter die Kulisse. Ich begleite Teams dabei, Systeme zu schaffen, die Marken wieder auf Kurs bringen. Wenn du tiefer eintauchen möchtest in den Aufbau einer resilienten, klaren und lebendigen Marke – lass uns sprechen. Ich gestalte nicht nur Design. Ich baue Orientierung.